Dr. phil. Wolfgang Baumann
ANTIQUITÄTEN UND KUNSTHANDLUNG
gegr. 1909


 Ein Münchner Figurenbild mit Atmosphäre

Georg Jauss (1867-1922),
"Der Raucher",
München um 1890

Öl auf Leinwand, rechts unten signiert "JAUSS", vergoldeter Originalrahmen mit gesandelter Oberflächenstruktur, Höhe 124 cm; Breite 98 cm (Bildmaß 90; 65 cm)

Georg Jauss wurde am 15. März 1867 in dem württembergischen Dorf Hattenhofen geboren. Der evangelische Pfarrer entdeckte das Talent des Jungen und überredet die Familie, den Sohn nach dem Abschluss der Volksschule eine Ausbildung im Zeichnen und Malen zu ermöglichen. 1882 wird der 15-jährige Georg Jauss in die Antikenklasse der Kunstschule Stuttgart aufgenommen. Ein Jahr später wechselte er in die Kunstschule der Professoren Jakob Grünenwald und Friedrich von Keller. 1890 beginnt der Militärdienst, nachdem er das Studium an der Kunstschule zusammen mit einem Mitschüler als Bester abgeschlossen und ein Stipendium für eine Italienreise erhalt hat. 1892 geht Jauss nach München, wo ihn die Künstlerin Maria Lübbes unterstützt. Er wurde Mitglied der Münchner Secession und erteilte Malunterricht im Künstlerinnenverein, einer Frauenakademie. 1899 heiratete Jauss die neun Jahre ältere Bremer Kaufmannstochter Lilli Hegeler, die seine Schülerin im Künstlerinnenverein war.

Jauss malt einen alten Herrn in einer ockerfarben ausgemalten Stube mit einem Dielenbretterboden. Er sitzt auf einem Spätbiedermeierstuhl bei einem Biedermeiertisch, auf dessen grüner Tischplatte ein birnenförmiger Westerwälder Steinzeugkrug steht, und zündet sich gerade genüßlich eine Pfeife an. Das sympathische Antlitz des Alten mit dem grauen Vollbart wird vom rötlichen Schein des Feuers beleuchtet. Den Tabakrauch, der emporsteigt, glaubt man zu riechen. Sonnenlicht ergießt sich von einem Fenster rechts oben in den Innenraum. Der Betrachter nimmt Anteil an dieser heiteren Ruhe und der genüßlichen Gelassenheit eines sonnigen Spätnachmittags.

Das Bild mit dem Titel "Der Raucher" war im August 1893 in München im Glaspalast ausgestellt. Im Ausstellungskatalog ist das Gemälde unter der Nummer 706 aufgeführt. Die Jahresausstellung zeigte das Bild von Jauss in Saal 7 des Münchner Glaspalastes, einem Annexraum der großen Zentralhalle. Das Bild war verkäuflich.

Provenienz: Das Gemälde stammt aus dem Nachlaß einer Enkelin aus dem Münchner Verlagshaus Braun und Schneider.

Der Erhaltungszustand des Bildes mit dem interessanten Rahmen, der die Textur der Malerei aufnimmt, ist vortrefflich.

Der in München arbeitende Georg Jauss hatte in Dachau zeitweise ein Sommerhaus mit Atelier, das noch erhalten ist.

Lit.: Illustrierter Katalog der Münchener Jahresausstellung von Kunstwerken aller Nationen im kgl. Glaspalaste 1893. München 1893, S. 38. Johanna JAUSS, Georg Jauss 1867-1922, Ebenhausen: Selbstverlag 1982, S. 49.Dachauer Museumsverein e.V. (Hg.), Georg Jauss 1867-1922, Landschaftsmaler der Jahrhundertwende in Bayern, Retrospektive, Forstinning 2010, FAbb. S. 52 und 110, S. 53 (das Gemälde selbst ist nicht datiert).

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