Dr. phil. Wolfgang Baumann
ANTIQUITÄTEN UND KUNSTHANDLUNG
gegr. 1909


 Johann Peter Wagner,
Elegante Rokoko-Wandkonsole
mit originaler fränkischer Marmorplatte aus Naila,
Würzburg 1770

Lindenholz, vergoldet, originale „Marmor“-platte aus poliertem Kalkstein von Naila/Oberfranken,
Höhe 77,5 cm; Breite 91 cm; Tiefe 44,8 cm; Stärke der Marmorplatte 22 mm; 24.000 Euro

Die absolute ornamentale Auflösung architektonischer Prinzipien und ungewöhnliche Details machen die Konsole vergleichbar mit einer sehr nahe verwandten Wandkonsole aus der Würzburger Residenz, die sich allerdings seit 1933 in Schloß Veitshöchheim befindet.

Diese Konsole ist durch eine erhaltene Entwurfzeichnung von 1763 für den Würzburger Bildhauer Johann Peter Wagner (Obertheres 1730- 1809 Würzburg) gesichert. Der Konsoltisch weist eine ebenso scharfe Trennung von Zarge und S-förmigen Volutenbeinen wie bei unserer Konsole auf. Durch ein zwischengeschobenes flaches Muschelkammmotiv, das eher an Akanthus erinnert, wird die Trennung überbrückt. Die bohnenförmigen Muschelmotive in der Zarge verbinden zusätzlich beide Bildhauermöbel.

Eine weitere, bei Kreisel publizierte Konsole Wagners von 1768 aus der Würzburger Residenz – im 2. Weltkrieg zerstört – ist zum Vergleich ebenso heranzuziehen

Heinrich Kreisel charakterisiert sehr feinsinnig den Stil der Konsolen aus der Werkstatt von Wagner: Sie „… zeigen den fließenden, weich und gemächlich kurvenden Spätstil des Rokoko, als sich die Rocaille wieder zurückbildet in Richtung auf den Akanthus, als an die Stelle des Pompöse-Strotzenden mehr das Gemessene, Elegante, Intime und fast Behäbige als Ausdruck eines neuen Wohnstils gesucht wurde.“ (Heinrich KREISEL, Fränkische Rokokomöbel, Darmstadt 1956, S. 19, Abb. 4.)

Zur Rekonstruktion des ursprünglichen Erscheinungsbildes

Reste von Kreidegrund und Bolus an den Zargeninnenseiten weisen auf eine Vergoldung des im 20. Jh. abgelaugten Möbels hin. Die Fassung wurde in der Tradition des 18. Jahrhundert als Matt- und Glanzvergoldung rekonstruiert und gibt dem Möbel wieder die ursprüngliche Würde.

Oberfränkischer „Marmor“

Die originale, intakt erhaltene Marmorplatte der Rokokokonsole besteht aus poliertem Kalkstein aus Naila in Oberfranken. Die schöne Marmorplatte bestätigt die stilistische Einordnung der fränkischen Wandkonsole

Lit.
zu den Bildhauermöbeln von Johann Peter Wagner:
Hans-Peter TRENSCHEL, Der Würzburger Hofbildhauer Johann Peter Wagner (1730-1809) (=Mainfränkische Hefte Heft 71), Würzburg 1980. Abb. 8 und 9.
Heinrich KREISEL, Fränkische Rokokomöbel, Darmstadt 1956, S. 19, 21, 36 (Nr. 4), Abb. 4.
Heinrich KREISEL, Die Kunst des deutschen Möbels, Bd. II, Abb. 535 (Entwurf 1763, Würzburg, Martin-von-Wagner-Sammlung) und vgl. 540 (zerstörter Konsoltisch von 1768 in der Würzburger Residenz).

zum Marmor:
Wolf-Dieter GRIMM, Bildatlas wichtiger Denkmalsteine der Bundesrepublik Deutschland (= Arbeitsheft 50 Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege), München 1990, Taf. 149 (Naila, Oberfranken)

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